09. Juli 2024

"Frau Petric, wir würden gerne wissen..."

Frau Petric wird nach diesem Schuljahr nicht mehr an der CSH unterrichten. Deshalb haben wir sie gefragt, wie es mit ihrem Roma-Hilfsprojekt weitergeht, das sie vor 10 Jahren ins Leben gerufen hat.

Das Roma-Projekt und die CSH gehören zusammen, wie kam es dazu?
Von uns Menschen war diese Verbindung nicht geplant, aber von Gott war sie vorbereitet. 12 Schüler unserer Schule waren mit Herrn Siemens und mir im Sommer 2014 zum ersten Mal auf dem Weg zu unserer Austauschschule in Maruševec, da fiel uns Lehrern eine Ansammlung von baufälligen, armseligen Behausungen unweit von Maruševec auf. Es handelte sich um das Dorf Strmec, in dem ca. 1.000 Roma lebten, mehr als die Hälfte von ihnen waren minderjährig. Wir erkundigten uns und erfuhren, dass die Menschen dort unter extrem ärmlichen Verhältnissen lebten. Nach einem ersten Besuch vor Ort war klar: Wir wollten etwas tun.

Was wurde seit dem ersten Besuch im Dorf getan?
Sehr viel! Wir fuhren in all den Jahren zwei Mal pro Jahr hin. Immer vor Weihnachten, mit vielen „Päckchen voller Liebe“, für jedes Kind und jede Familie hatten wir ein Packet im Gepäck. Neulich sagte eine junge Frau aus dem Dorf zu mir, dass das die einzigen Geschenke sind, die die Kinder im Dorf überhaupt in ihrem Leben bekommen haben. In jedem Sommer fuhren wir mit 14 Schülern der CSH hin, um ein Haus zu renovieren und mit den Kindern zu spielen und mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Für die Kinder im Dorf ist es etwas Besonderes, wenn man sich Zeit für sie nimmt. Viele Fenster und Türen wurden eingebaut, Fußböden erneuert, Bäder eingebaut, die Häuser isoliert und verputzt und Dächer erneuert.

Standen dafür Handwerker zur Verfügung?
Klaus Binkert, ein Freund und Handwerker aus der Schweiz, ist auch durch Zufall zu uns gestoßen. Er leitete unsere Schüler bei der Arbeit an. Unsere Schüler entdeckten plötzlich, dass sie handwerklich begabt sind und viel Freude hatten, anderen zu helfen. Die Schüler der CSH werden bei der Arbeit von den Roma beobachtet, was sie motiviert, bei der Arbeit mit anzupacken.

Haben Ihre Besuche sonst noch etwas im Dorf verändert?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben Missionaren eine Tür geöffnet. Bevor wir in das Dorf kamen, traute sich keiner, in das Dorf zu gehen. Es wurden Kinderbibelstunden und Bibelstunden für Erwachsene ins Leben gerufen. Es ist erstaunlich, dass ein Roma, der nur zwei Jahre zur Schule ging, plötzlich einen Bibelkreis leitete und anderen aus der Bibel vorlas.

Was erfreut Sie besonders, wenn Sie an das Roma-Projekt zurückdenken?
Von Anfang an haben wir einzelne Schüler, die besonders gut in der Dorf-Schule waren, unterstützt. Wir haben für sie ein Stipendium besorgt. Das brachte sie so weit, dass sie ein Abitur oder eine Ausbildung zur Krankenschwester oder zum Physiotherapeuten abschließen konnten. Einige dieser Schüler nahmen danach ein Studium auf und sind u.a. Ärzte geworden. Seit fünf Jahren haben wir ein offizielles Programm für Stipendiaten. Dreizehn Schülern erhielten fünf Jahre lang ein Stipendium. Das ist eine lebensverändernde Investition. Die Schüler sind so unendlich dankbar, denn ohne dieses Projekt hätten sie nie die Möglichkeit gehabt, eine Ausbildung zu machen. Andrea, ein Mädchen aus dem Roma-Dorf (s. Foto ganz rechts), studiert mit unserer Hilfe Medizin. In zwei Jahren ist sie fertig mit dem Studium. Ihr großer Wunsch ist es, im Dorf zu bleiben und eine kleine Krankenstation zu führen, um ihren Mitmenschen im Dorf unmittelbar helfen zu können. Die Pläne für die Krankenstation werden schon von unserem Team geschmiedet.

Warum sollte die CSH dieses Projekt überhaupt begleiten?
Roma werden oft nur geduldet und es eilt ihnen oft ein schlechter Ruf voraus. Als Schule wollen wir Roma ohne Vorwürfe in Würde begegnen und sie annehmen, so wie sie sind. Wir wollen, dass unsere Schüler sensibilisiert werden, dass man auch ohne Luxus gut leben kann. Nicht nur Roma profitieren von unserer humanitären Hilfe, sondern auch unsere Schüler werden für ihr Leben geprägt und entwickeln sich dann zu Menschen, die später in ihrem Leben die Not der anderen Menschen sehen.

Wie soll es mit dem Roma-Projekt weitergehen?

„Bildung macht frei“, sagte Konrad Ferdinand Meyer einmal. Wir wollen mit unserem Projekt vielen Schülern den Besuch einer weiterführenden Schule ermöglichen und sie so aus der Armut und Hoffnungslosigkeit herausholen. Weiterhin wollen wir die Kinderherzen mit Päckchen, Spielen und Annahme erfreuen. Wir wollen weiterhin Salz und Licht sein. Denn wenn wir schenken, werden wir noch mehr beschenkt.

Liebe Frau Petric, vielen Dank für das Interview.

Weitere Informationen zum Hilfsprojekt unter https://campusleben/hilfsprojekt/